Obwohl mein Name nicht darauf schliessen lässt, bin ich eigentlich ein Stadtbärner. Aber der Zufall will, dass ich das Licht der Welt in Paris erblickt habe. Ein waschechter Pariser zeichnet sich dadurch aus, dass er seine Stadt nicht im Herzen trägt und permanent über sie lästert – aber in keiner Weise anderswo leben könnte. Mich hat man schon als Säugling umgepflanzt, sodass ich Ersteres nicht bestätigen kann. Der zweite Punkt ist für mich absolut nachvollziehbar – denn es zieht mich seit jeher immer wieder an die Seine: ein klarer Fall von Geogenetik. Einmal umgetopft, stürze ich mich alsbald genüsslich ins Vergnügen, die Augen immer ganz weit offen, der Geist im «Kiff»-Modus (nein, es ist nicht, was Sie denken, lesen Sie dazu den «Urban Dictionary») …

Laut TripAdvisor ist Paris seit Jahren die meistbesuchte Stadt der Welt. Die Klischees kennt jeder in- und auswendig. Überlassen wir diese den Instagramern und PFW-Influencern, die inzwischen zum Stadtbild 2.0 gehören. Ich lasse mich treiben, schwimme mit und gegen den Strom, tauche ein in diesen kaleidoskopischen Mischmasch-Makro-Mikrokosmos. Grossstädtisch, dörflich, gigantisch, genial, euphorisch, deprimiert, europäisch, orientalisch, afrikanisch, alt, neu, renoviert, schön, hässlich, lustig, atemberaubend, peinlich, glitzernd, dreckig, wohlriechend, stinkend, geistreich, dumm, protzig, reich, arm, authentisch, normal, solidarisch, schwarz, weiss, gelb, rot und grün.

Nach diesem Erlebnisbad gönne ich mir jeweils ein Gläschen Wein, lasse die Eindrücke einsinken und sehe ganz klar: Existieren ist gut – leben ist besser. Merci, Paris!

– Jordan Samonikov, Französisch-Übersetzer